Montag, 26. Januar 2015

Der Operationsverstärker, Teil 3


Im dritten Teil der Operationsverstärker-Serie geht es um Gegenkopplung. Mit ihr kann man Schaltungen bauen, die einer vorgegebenen Spannung folgen, und man kann Mathematik betreiben: Spannungen können nun addiert, subtrahiert, integriert oder differenziert werden.




Ich werde nur einen kleinen Teil der vielen OPV-Beschaltungen mit Gegenkopplung vorstellen, nämlich diejenigen, für die es auch einen einfachen Einsatzzweck auf der Modellbahn gibt.

Spannungsfolger


Die einfachste Form der Gegenkopplung finden wir beim Spannungsfolger. Der Ausgang wird direkt auf den invertierenden Eingang zurückgeführt. Am nichtinvertierenden Eingang liegt dagegen die Eingangsspannung Ue.

Spannungsfolger

Es ist leicht, sich vorzustellen, was passieren wird, wenn Ue und Ua voneinander abweichen: Wenn Ua kleiner ist, wird der OPV nach oben ausgesteuert, wenn sie größer ist, nach unten. Daher wird Ua stets bis auf wenige mV der Eingangsspannung entsprechen.

Diese Schaltung bezeichnet man auch als Impedanzwandler. Man benutzt sie, um eine Spannung abzugreifen, ohne sie zu beeinflussen. Der Eingangsstrom unseres OPV ist ja stets null, unabhänig vom Ausgangsstrom.

Auch bei den anderen Schaltungen mit Gegenkopplung ist der OPV bestrebt, das Potential des invertierenden Eingangs dem des nichtinvertierenden anzugleichen. Wenn der OPV nicht an seine Aussteuergrenze kommt, wird das Potential an beiden Eingängen stets gleich sein. Dies bezeichnet man als virtuellen Kurzschluss.

Umkehrverstärker


Jetzt fangen wir an mit der Mathematik: Wenn man den Spannungsfolger um einen Spannungsteiler ergänzt, können Spannungen erzeugt werden, die zur Eingangsspannung in einem festgesetzten Verhältnis stehen.
Umkehrverstärker

Die Eingangspotentiale sind bekannt, da auch hier ein virtueller Kurzschluss vorliegt. Aus Ue, Ur und R2 lässt sich der Strom I berechnen. Wenn I bekannt ist, dann kennen wir auch Ur1 und damit die Ausgangsspannung.

Ua = -Ue R1/R2 + Ur (1+R1/R2)

Einfacher ist es, wenn man alle Spannungen auf Ur bezieht:

Ur = 0V
Ua = -Ue*R1/R2

Die Umkehr des Vorzeichens ist in beiden Fällen nötig. Es gibt auch hier eine nichtinvertierende Variante, aber das führt zu weit.

Umkehraddierer


Mit mehreren Eingängen wird aus dem Verstärker ein Addierer. Die Ströme I1, I2, ... vereinen sich zu einem Gesamtstrom Iges.

Umkehraddierer

Daraus folgt die Ausgangsspannung:

Ua = Ur + Iges*R1 = Ur - (U2a - Ur)R1/R2a - (U2b - Ur)R1/R2b - (U2c - Ur)R1/R2c 

Auch hier ist es einfacher, die Spannungen auf Ur zu beziehen:

Ua = -Ue,a*R1/R2a  - Ue,b*R1/R2b  - Ue,c*R1/R2c 

Integrierer


Wenn man R1 durch einen Kondensator C ersetzt, wird dieser vom Strom I geladen. Die Spannung ist proportional zum Strom, der in der Vergangenheit durch C geflossen ist. Mit anderen Worten: Wir haben einen Integrierer gebaut.

Umkehrintegrierer

Die Formel für die Ausgangsspannung in Abhängigkeit von der Zeit lautet also:

ua(t) = 1/(RC) * ∫(ue(τ)-Ur) dτ + ua,0                                                        (Integral von 0s bis t)

Die Spannungen ua(t) und ue(τ) werden hier klein geschrieben, da es sich um zeitabhängige Größen handelt. Wer in Integralrechnung nicht sattelfest ist, wird bei den Beispielschaltungen Hinweise zur Dimensionierung finden.

Der Integrierer ist praktisch, um beispielsweise aus einer konstanten Spannung eine linear ansteigende zu erzeugen. Ebenso kann man aus einer Sinusschwingung eine um ein Viertel der Preiodendauer zeitlich versetzte erzeugen. Man kann auch über die Summe mehrerer Spannungen integrieren. Das Prinzip ist vom Umkehraddierer bekannt.
Umkehrintegrierer mit mehreren Eingängen

Irgendwann erreicht der Integrierer allerdings seine Aussteuergrenzen. I kann nicht aufrecht erhalten werden, also verharrt Ua, bis sich die Polarität der Eingangsspannung ändert. Bei den folgenden Schaltungen ist dieser Effekt definitiv nicht erwüscht.

Anwendung: Blinkschaltung mit sanftem Auf- und Abblenden


Der Oszillator von letzter Woche wurde hier um ein RC-Glied ergänzt, das die steilen Schaltflanken glättet. Dieses verschliffene Signal wird als Eingang für einen Spannungsfolger verwendet. Die angeschlossene LED blendet nun sanft auf und ab.

Weichblinker

Diese Schaltung ist eine Hälfte meiner Blinkschaltung für Bahnübergänge. Durch den Spannungsfolger wird der Kondensator nicht belastet. Deswegen kommt die Schaltung mit sehr kleinen Kondensatoren aus, was vor allem Platz spart.

Die Flankensteilheit wird über τ = R6C2 vorgegeben. Wenn τ größer ist als etwa die doppelte  Einschaltzeit von OP1, wird nicht die volle Helligkeit erreicht. Man erhält dann ein an- und abschwellendes, nie ganz verlöschendes Licht. Hier lohnt es sich, ein wenig zu experimentieren.

Anwendung: Dreieck-Rechteck-Generator


Diese Schaltung vereint gleich zwei Funktionsgeneratoren. Der Schmitt-Trigger liefert ein abschnittsweise konstantes Ausgangssignal. Das Integral über eine konstante Funktion ist die Rampenfunktion. Der Integrierer arbeitet stets dem Rechtecksignal entgegengesetzt: Ist es (bezogen auf Ur) positiv, fällt seine Ausgangsspannung Ua2, bis die untere Schaltschwelle des Schmitt-Triggers erreicht ist. Dann geht es umgekehrt: Ua1 ist negativ, Ua2 steigt daher.
Dreieck-Rechteck-Generator

Für ein Tastverhältnis von 50% muss Ur = Ua,max/2 gelten. Die Schaltschwellen des Schmitt-Triggers müssen symmetrisch dazu liegen. Dann kann R3 und C anhand der gewünschten Periodendauer T festlegen.

R3C = T * Ua,max/(4*(U1 - U2))

Für sich betrachtet bringt uns der Dreieck-Rechteck-Generator noch nicht viel. Aber er ist die Grundlage für viele komplexe Schaltungen, beispielsweise zur Ansteuerung von Motoren mit Pulsweitenmodulation.

Anwendung: Flieger-Warnlicht


Wenden wir uns einmal vorübergehend dem schienengebundenen Verkehr ab und der Luftfahrt zu: Hindernisse, z.B. Windkraftanlagen, müssen bei Nacht durch ein Gefahrenfeuer erkennbar gemacht werden. Dabei gibt es eine ganz typische Sequenz: 1s an - 0,5s aus - 1s an - 1,5s aus. Dies kann man mit einem Dreieckgenerator und zwei Komparatoren darstellen. 

Das Vorbild: Gefahrenfeuer der Windkraftanlagen bei Teuchatz

Der Schaltplan enthält den bekannten Dreieck-Rechteck-Generator. Die beiden zusätzlichen Operationsverstärker bilden einen Fensterkomparator: Solange das Dreiecksignal sich zwischen den beiden Schwellen U1 und U2 befindet, schalten sie die LEDs am Eingang ein. Da sich die Schwellen nicht symmetrisch zur Referenzspannung befinden, um die der Integrierer pendelt, ist das Ausschaltintervall über U2 jeweils länger als unter U1.

Gefahrenfeuer für Windkraftanlagen

R1 = 820kΩ, R2 = 1MΩ, R3 = 2,5MΩ, R4,5 = 68kMΩ, R6 = 22kΩ,
R7,8 = 100kΩ,R9 = 10kΩ, R10 = 1,2kΩ,C = 470nF, T1,2 = BC337-40

Das können wir hier schematisch betrachten. U1 und U2 sind die Schaltschwellen des Schmitt-Triggers. Bei U4 schaltet OP4 ein, die roten LEDs leuchten auf. Bei U3 schaltet OP3 ein. Da er über T1 die Basis-Emitter-Strecke von T2 kurzschließt, erlöschen die LEDs wieder, unabhängig davon, was OP4 macht.

Solange sich die Ausgangsspannung des Integrierers (blau)
zwischen U3 und U4 befindet, leuchtet das Gefahrenfeuer.


Hier ist das Versuchsexemplar des Gefahrenfeuers. Ich habe auch auf der Platine rote LEDs angebracht, um die Ausgangsspannungen der Operationsverstärker anzuzeigen. Das eigentliche Warnlicht ist an den Lüsterklemmen.

Testexemplar des Gefahrenfeuers

Die Schaltung ist hier auf 21V Betriebsspannung ausgelegt. Soviel hat man, wenn man 16V Wechselspannung gleichrichtet. Das Gefahrenfeuer funktioniert auch mit geringeren Spannungen, dann sollte man jedoch R4 gegen einen größeren Widerstand (82kΩ bei 12V, 100kΩ bei 9V) austauschen.

Ausblick


Mit dem Dreieck-Rechteck-Generator können sehr komplexe Aufgaben übernommen werden. Derzeit bereite ich eine Ansteuerschaltung für eine ampelgeregelte Kreuzung und ein Servomodul vor. Diese müssen aber noch erprobt werden.

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