Montag, 12. Januar 2015

Der Operationsverstärker, Teil 1

Operationsverstärker, kurz OPV, sind sehr vielseitige Bauelemente. Mit ihnen kann man sowohl einfache Schaltaufgaben erledigen, als auch Oszillatoren, Verstärker oder gar analoge Rechenschaltungen aufbauen. Da sie auch sehr günstig zu haben sind - ein LM324, der vier OPV enthält, kostet weniger als 0,20€ - liegt es nahe, sie für den Modellbahneinsatz zu nutzen.


Bislang habe ich nur eine Blinkschaltung und eine Schlusslicht-Abschaltautomatik vorgestellt. Bevor ich weitere Anwendungen zeige, gibt es erstmal eine Einführung in die Grundlagen, und zwar im Bezug auf die Aspekte, die für die Modellbahn wichtig sind. Als Universaltypen nutze ich dabei den LM324 und den LM358.

Spannungsversorgung


Operationsverstärker müssen mit Gleichspannung versorgt werden. Dabei steht meistens ein großer Bereich von 3V bis 32V zur Verfügung. Diese Spannungen können auf der Modellbahn mit einer Kombination aus Gleichrichter und Siebelko aus der Fahrspannung (digital) oder Lichtspannung (analog) gewonnen werden. Einige Schaltungen reagieren empfindlich auf schwankende oder wellige Spannung; in dem Fall ist dann zusätzlich ein Linearregler nötig.

Links: Brückengleichrichter. Rechts: Einweggleichrichter.

Oft findet man auch Schaltungen, die eine symmetrische Spannungsversorgung benötigen. In diesem Fall liefert das Netzteil sowohl eine positive als auch eine negative Spannung, bezogen auf einen gemeinsamen Masseanschluss. Statt mit 32 V betreibt man den OPV dann beispielsweise mit +16 V und -16 V. Für das Bauteil selbst macht es keinen Unterschied, aber der Masseanschluss dient oft als Spannungsreferenz.

Es gibt Gleichrichter, die eine solche symmetrische Versorgungsspannung aus Wechselspannung gewinnen können, aber sie würden eine zu hohe Ausgangsspannung liefern. Für den Modellbahneinsatz ist es besser, man erzeugt sich mit einem Spannungsteiler aus zwei gleich großen Widerständen einen Bezugspunkt, der den Masseanschluss ersetzt.

Ersatz des Masseanschlusses durch einen Spannungsteiler

Masse ist bei OPV-Schaltungen also nicht identisch mit der Gleismasse, dem braunen Anschluss des Märklintrafos. Ebensowenig muss sie mit dem Schutzleiteranschluss eines geerdeten Geräts identisch sein. Es ist aber üblich, OPV-Grundschaltungen mit Masse als Bezugspotential zu erläutern, so findet man sie auch in Fachbüchern wie dem Tietze-Schenk oder in der Wikipedia.

Ein- und Ausgänge


Operationsverstärker haben zwei Eingänge: Der nichtinvertierende wir mit einem Pluszeichen markiert, der invertierende mit einem Minus. Im Betrieb vergleicht der OPV ständig die Spannung an beiden Eingängen und steuert seinen Ausgang entsprechend aus. Ist die Spannung am nichtinvertierenden Eingang höher, steigt die Ausgangsspannung; ist sie niedriger, sinkt sie.

Diese Anpassung geht sehr schnell. Für unsere Anwendungen können wir davon ausgehen, dass sie sofort geschieht. Der Aussteuerbereich deckt fast die gesamte Betriebsspannung ab. Betreibt man den LM358 beispielsweise mit 20 V, so kann man den Ausgang von 0 V bis 18,5 V aussteuern.

Die maximale Stromstärke ist gering. Mehr als 20 mA sind die absolute Ausnahme. Das reicht, um ein paar LEDs zu betreiben oder ein kleines Relais zu schalten. Für höhere Leistungen muss man zusätzliche Transistoren als Verstärker vorsehen. Daran sehen wir, dass so ein Operationsverstärker kein Leistungsbauteil ist, sondern nur zur Signalverarbeitung dient. Bei positivem Ausgangsstrom sind LM324 und LM358 kurzschlussfest, durch negativen Ausgangsstrom können sie zerstört werden.

Bei den Eingängen müssen wir uns keine solchen Sorgen machen. Wir müssen aber sicherstellen, dass die Eingangsspannung innerhalb der Versorgungsspannung liegt. Andernfalls werden interne Freilaufdioden aktiv, um die Über- oder Unterspannung abzuleiten. Sie sind nicht für hohe Ströme ausgelegt und können schnell durchbrennen.

Der Strom in die Eingänge ist im regulären Betrieb nahe null und komplett vernachlässigbar. Das erleichtert die Berechnung ungemein

Pinbelegung


Egal ob man nun die bedrahteten DIL-Gehäuse wählt oder sie kompakten SOIC-Varianten, die Pinbelegung ist einheitlich. Die Versorgungsspannungsanschlüsse sind jeweils für alle Operationsverstärker zusammengefasst.

Pinbelegung bei gängigen Operationsverstärkern

Nicht benötigte Operationsverstärker lässt man einfach unbeschaltet. Nur die Anschlüsse V+ und V- werden immer gebraucht.

Anwendung: Zeitschaltung mit Komparatoren


Das Prinzip ist vom Treppenhauslicht bekannt: Ein Taster wird gedrückt, das Licht geht an; um keinen Strom zu verschwenden, geht es nach kurzer Zeit wieder aus. Wir brauchen also eine Schaltung, die auf einen kurzen Impuls hin ein zeitlich begrenztes Signal sendet. Dies bezeichnet man als Monoflop.

Andere Anwendungsgebiete sind beispielsweise ein Signal, das man vorübergehend von Halt auf Fahrt stellen möchte oder eine Fußgängerampel. Man kann die Schaltung auch Nutzen, um einen Impuls zu verlängern, beispielsweise wenn man einen motorischen Antrieb mit Tastern oder Schaltgleisen ansteuern will. (Der hohe Motorstrom könnte aber nicht direkt vom Monoflop geliefert werden, sondern beispielsweise über Relais, Transistoren oder einem L293.)

Hier zeige ich die einfachste Variante: Auf Tastendruck soll ein Lichtsignal von Hp0 (Halt) auf Hp1 (Fahrt) umschalten und nach kurzer Zeit wieder zurückfallen. Dazu wird der OPV in seiner einfachsten Beschaltung verwendet, nämlich als Komparator. Er vergleicht die Spannung am Taster mit einem Referenzwert, der durch das Potentiometer P1 vorgegeben wird.

Monoflop mit OPV

Im Ausgangszustand ist der Kondensator C entladen, die gesamte Betriebsspannung fällt also am Taster ab. Sie ist höher als der Referenzwert, also wird der Ausgang nach unten ausgesteuert. Die rote LED D2 leuchtet.

Wird der Taster betätigt, lädt sich C auf die Betriebsspannung auf. Nun ist die Spannung am invertierenden Eingang niedriger, die Ausgangsspannung steigt also auf ihren Höchstwert. Daher leuchtet die grüne LED D1 auf. Nach dem Loslassen des Tasters dauert es ein wenig, bis sich der Kondensator über R1 entladen hat. Erst wenn die Spannung am invertierenden Eingang wieder höher ist als am nichtinvertierenden, geht die rote LED D2 wieder an.

Die Dauer justiert man über P1. Die Kondensatorspannung sinkt im Zeitraum t = 0,69*R1*C auf die Hälfte der Betriebsspannung. Damit kann man R1 und C dimensionieren.

Oft kann man die LEDs aber nicht so verschalten, wie hier gezeigt. Manchmal haben die LEDs eine gemeinsame Kathode oder Anode. In diesem Fall schaltet man einen komplemären Operationsverstärker hinzu. Das Ausgangssignal von OP1 wird auf den invertierenden Eingang von OP2 gegeben. Der wird seinem Namen gerecht. Wenn wir noch auf den nichtinvertierenden Eingang eine Spannung geben, die irgendwo zwischen den Aussteuergrenzen unserer OPV liegt, dann arbeitet OP2 immer entgegengesetzt zu OP1.

Invertierung des Ausgangssignals mit einem zweiten OPV für LEDs mit gemeinsamer Kathode

Dieser Monoflop ist übrigens nachtriggerbar, das bedeutet, dass die Schaltzeit durch jeden neuen Impuls zurückgesetzt wird. Die eingestellte Zeit beginnt erst ab dem Loslassen des Tasters zu laufen und sie beginnt stets aufs neue, wenn der Taster erneut betätigt wird. Diese Eigenschaft kann erwünscht oder unerwünscht sein.

Bei welliger Betriebsspannung wird die Poti-Spannung mit der dieser schwanken, während UC langsam abnimmt. Im Übergangsbereich, wenn beide Spannungen nahezu gleich groß sind, wird der Komparator im Takt der Spannungsschwankung hin- und herschalten. Für das menschliche Auge ist diese Bewegung zu schnell. Es wirkt, als würde die eine LED sanft auf- und die andere abblenden. Wo dieser Effekt unerwünscht ist, muss die Spannung geglättet werden. Alternativ kann ein Schmitt-Trigger eingesetzt werden, den ich im nächsten Artikel beschreiben werde.

Der Monoflop kann auch über Schalt- und Kontaktgleise ausgelöst werden, ebenso über Reedkontakte, Relais oder Decoder. Es kann auch direkt gegen Masse geschaltet werden, falls der OPV über einen Einweggleichrichter mit durchgehender Masse gespeist wird. Wenn ein Brückengleichrichter verwendet wird, ist eine Sperrdiode notwendig. Ein Beispiel zeige ich kommende Woche.

Monoflop mit Einweggleichrichter in Märklin-Kabelfarben. Der Taster schaltet gegen Masse.

Falls der Monoflop über einen Decoder, beispielsweise einen WeichEi, angesteuert wird, empfiehlt es sich, dessen Gleichrichter mitzubenutzen.

Ausblick


In seiner einfachsten Beschaltung kann der Operationsverstärker nur zwei Spannungen miteinander vergleichen. Wenn man den Ausgang wieder auf einen Eingang zurückführt, können komplexere Aufgaben erledigt werden. Dann wird der Operationsverstärker zum Spannungsfolger, Integrierer, Schmitt-Trigger oder Verstärker. Ich werde in den nächsten Wochen zeigen, wie man damit einfache Oszillatoren und Funktionsgeneratoren baut.

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