Montag, 9. Juni 2014

Die polarisierte M-Gleis-Weiche, Teil 2

Nachdem es letzte Woche um den mechanischen Umbau einer Weiche ging, geht es heute um die Elektrik, genauer gesagt um verschiedene Relaisschaltungen.

 

Ich bitte um Verständnis dafür, dass die Illustrationen nachgereicht werden. Ich fand bislang leider keine Zeit, sie zu erstellen. Ich empfehle, einfach später nochmal reinzuschauen, denn mit erst mit Schaltplänen wird der Artikel verständlich.

Warum Relais?


Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den polarisierten Schienen ihr Potential zuzuweisen. Ein Relais ist lediglich ein elektrisch betätigter Schalter; man könnte diesen auch mechanisch oder magnetisch steuern. Wäre er so mit dem Stellmechanismuis verbunden, hinge die Schalterstellung direkt von der Weichenstellung ab. Dagegen reagiert das Relais nur auf elektrische Befehle. Wenn die Weiche per Hand verstellt wird, dann bleibt es in seiner Lage und der nächste Zug verursacht einen Kurzschluss.

Doch Platz ist begrenzt unter der Weiche. Mikroschalter, die klein genug sind, gibt es (z.B. Conrad 702268), aber je nach Ausführung bräuchte man bis zu vier Stück. Für diese müsste man einen Mechanismus entwerfen, der die Kraft vom Stellanker auf die Schalter überträgt. Und überall in diesem Mechanismus gäbe es Reibung, die den Antrieb schwergängig machen würde.

Das Problem der Reibung lässt sich mit Reedkontakten umgehen. Ein in die Stellmechanik eingebauter Dauermagnet, würde sie berührungslos öffnen und schließen. Doch hier bräuchte man erneut vier einzelne Reedkontakte, deren Belastbarkeit nicht zu gering gewählt werden sollte. 1 A ist immer noch unterdimensioniert, da bei einer Falschfahrt ein Kurzschluss auftritt und der volle Strom der Zentrale über den Reedkontakt fließt. Belastbare Kontakte benötigen aber ein entsprechend starkes Magnetfeld, und das birgt Potential für weitere Störungen, beispielsweise wenn Teile der Weiche magnetisiert werden und sich die Zungen nicht mehr von den Backenschienen lösen.

Es blieb also beim Relais. Das bisschen Leistung, das es braucht, stellt der Decoder zur Verfügung. Ich habe mit verschiedenen Typen experimentiert, und bin zu dem Schluss gekommen, dass die bistabile Variante mit zwei Wechslern das Optimum darstellt. Doch wie es dazu kam und welche Alternativen ich vorher versucht habe, lest ihr hier.

Stromstoßschalter


Der Stromstoßschalter ist ein alter Bekannter des Märklinbahners und wurde schon vor zwei Wochen hier vorgestellt. Zur Erinnerung: Bei jedem Impuls wechselt der Schaltkontakt die Lage. Man braucht somit nur einen Draht zur Ansteuerung und einen als Rückleiter.

[Bild FRU]

Es steht nur ein Umschaltkontakt zur Verfügung. Daher kann immer nur ein Schienenstück mit dem Mittelleiter verbunden sein, das andere bleibt stromlos.

[Bild Potentiale 1]

Die Weiche wurde mit einem Decoder (Viessmann 52111) angesteuert. Um auch das Relais mitzunehmen, waren zwei Dioden nötig. Egal welcher der beiden Weichenausgänge einschaltet, eine Diode leitet und Strom kann über das Relais fließen. Die andere Diode sperrt dann. Wäre sie nicht da, würde man beide Spulen des Weichenantriebs bestromen, und das wäre sinnlos.

[Schaltplan 1]

Man beachte, dass die Relaisspule und der Umschaltkontakt nicht miteinander verbunden sind. Dazu musste der Masseanschluss der Spule abgelötet und mit einem eigenen Anschlussdraht versehen werden.

[Bild Spulenanschluss]

Zwei große Nachteile hat diese Schaltung: Erstens passt sie nicht ins Gleisbett, zweitens ist die Relaislage den Weichenbefehlen nicht direkt zugeordnet. Wenn man beispielsweise die Weiche zweimal in die gleiche Richtung schaltet, schaltet das Relais zunächst richtig mit. Beim zweiten Impuls aber kehrt es in die Ausgangslage zurück. Nun stimmen Weichen- und Schalterstellung nicht mehr überein. Der Fehler ist zunächst nicht offensichtlich, aber sobald ein Zug die Weiche befährt, tritt er als Kurzschluss zutage. Zeit für eine bessere Lösung!

Monostabiles Relais


Das AGQ20012 (Conrad 504822) war die nächste Entwicklungsstufe. Wie man sieht, ist es klein genug, um direkt in die Weiche eingebaut zu werden. Daneben findet auch ein Decoder Platz, es ist der allseits bekannte WeichEi. Nun fehlt nur noch ein an die Relaisspule angepasster Vorwiderstand.


Da das Relais zwei Wechsler hat, können nun sowohl Mittelleiter- als auch Massepotential zugewiesen werden. Auf Massepotential liegt immer die Zwischenschiene, die gerade nicht auf Mittelleiterpotential liegt. Das nennt sich Kreuzwechselschaltung, und die Anwendungen sind bei weitem nicht auf polarisierte Weichen beschränkt.

[Bild Polarisierung]

Mit dem WeichEi lässt sich parallel zum Antrieb auch ein monostabiles Relais steuern. Man nutzt hier den Laternenausgang. Das wurde schon von Stephan Wagner beschrieben, allerdings dient ihm das Relais zum Abschalten des Fahrstromes.

Wenn man den Laternenausgang auf die gleiche Adresse legt wie die Antriebsausgänge, werden Relais und Weiche immer synchron geschaltet. Die Laterne ist natürlich jetzt nicht mehr schaltbar, doch das ist kein großer Verlust. Sie wird nun eben vom Mittelleiter aus versorgt.

[Schaltplan]

So einfach und praktisch diese Variante auch ist, sie hat einen entscheidenden Nachteil: Sollte ein Zug aus der falschen Richtung kommen und die Weiche auffahren, so verursacht er einen Kurzschluss, und wenn das Relais gerade aktiv war, dann fällt es ab, so dass der Kurzschluss aufgehoben wird. Daraufhin bekommt das Relais wieder Strom, zieht an und stellt so den Kurzschluss wieder her. Man hört dies als unangenehmes Summen, und es ist sehr schlecht für die Lebensdauer des Relais, da jeder Abschaltvorgang mit dem vollen Kurzschlussstrom der Zentrale erfolgt. Das muss noch besser gehen!


Einspuliges, bistabiles Relais


Die bistabile Variante des Miniaturrelais heißt AGQ2104H (Conrad 594835). Sie braucht nur einen kurzen Stromimpuls zum Schalten und behält dann ihre Lage bei. Daher wird sie über die Magnetartikelausgänge des Decoders angesteuert. Dabei ist die Richtung des Stroms entscheidend.

Der WeichEi kann leider nur nach Masse schalten. Das Umpolen besorgt eine kleine Hilfsschaltung mit PNP-Transistoren. Um die Abschaltüberspannung der Relaisspule zu begrenzen, wurden noch zwei Zenerdioden eingefügt.

[Schaltplan]


Im Kurzschlussfall tut dieses Relais nun nichts. Genau wie es soll. Aber den Aufwand mit der Hilfsschaltung sollte man sich sparen können, und dafür braucht es ein anderes Relais.

Nachtrag vom 31.08.15: Die Hilfsschaltung ist entbehrlich. Das einspulige, bistabile Relais lässt sich ohne weitere Komponenten (außer einem Vorwiderstand) direkt über den Decoder ansteuern. Manchmal kommt man eben erst dann auf die einfachste Lösung, wenn man alle komplizierten bereits durchprobiert hat.

 [Schaltplan]

Weitere Schaltungstricks mit bistabilen Relais finden sich im Artikel Schaltungstricks mit bistabilen Relais.

Zweispuliges, bistabiles Relais


Und so kommen wir nach langer Suche zur allereinfachsten, praktischsten Schaltung: Das AZ850P2-5 (Conrad 507443) verhält sich mit seinen beiden Spulen wie ein Weichenantrieb. Es kann ohne weitere Schutzmaßnahmen parallel zum Antrieb angeschlossen werden, lediglich ein Vorwiderstand von 270Ω ist nötig. Ein Widerstand reicht für beide Spulen. Maßnahmen zur Begrenzung der Abschaltüberspannung sind unnötig, da der Decoder über interne Freilaufpfade verfügt.

[Schaltplan]

Anmerkung vom 31.08.15: Ohne Vorwiderstand kommt man aus, wenn man ein AZ850P2-12 verwendet.

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