Samstag, 15. August 2015

Schaltungstricks mit bistabilen Relais

Manchmal hat man nicht das passende Relais zur Hand. Bistabile Relais gibt es in zwei Ausführungen: ein- und zweispulig. Erstere werden auch als polarisiert bezeichnet. Mit den hier gezeigten Schaltungen ist es möglich, ein einspuliges Relais durch ein zweispuliges zu ersetzen und umgekehrt.


Standardtypen, die ich verwende, sind übrigens das AGQ2104H von Panasonic und die AZ850-Familie von Zettler. Wegen des großen Betriebsspannungsbereiches eignen sich vor allem das AZ850P1-12 (einspulig, 9 bis 34,8 Volt) und das AZ850P2-12 (zweispulig, 9 bis 24 Volt) für die Modellbahn.

Grundsätzliches


Das Prinzip des zweispuligen Relais ist bei der Modellbahn vom Doppelspulenantrieb bereits bekannt. Der Schaltzustand richtet sich danach, welche von beiden Spulen zuletzt bestromt wurde. Beide Spulen gleichzeitig zu bestromen wäre sinnlos. Die Polarität der Spannung ist oft beliebig.

Prinzip des zweispuligen, bistabilen Relais

Dagegen richtet sich der Schaltzustand des einspuligen Relais nach der Polarität. Es ist in dieser Hinsicht mit einem Weichenmotor vergleichbar. Anders als dieser schaltet es in wenigen Millisekunden.

Prinzip des einspuligen, bistabilen Relais

Im stromlosen Zustand wird stets der letzte Schaltzustand beibehalten. Auch darin ähneln die Relais den Weichenantrieben. Nur Endschalter haben sie nicht und brauchen auch keine. Wenn die zulässige Betriebsspannung eingehalten wird, ist die Zerstörung des Relais durch Überhitzung ausgeschlossen.

Da alle Relais induktive Lasten sind, haben sie die unangenehme Eigenschaft, beim Abschalten im Taster einen Schaltlichtbogen hervorzurufen. Wer schon mal bei einem Weichenantrieb defekte Endschalter überbrückt hat, kennt das Problem. Abhilfe ist einfach. Freilaufdioden oder Kondensatoren sind Centartikel, die die Belastung der Endschalter stark vermindern können.

Schaltungen für Gleichspannung


Im einfachsten Fall wird die Beschaltung des Relais direkt vom Doppelspulenantrieb übernommen. Zwei Taster sind nötig, die Dioden dienen als Freilaufpfade.

Zweispuliges Relais an Gleichspannung

Für das einspulige Relais bräuchte man eigentlich einen Polwender. Dieser lässt sich mit einem zweipoligen Umschalter oder speziellen Motordecodern realisieren. Einfacher geht es mit zwei Tastern und zwei Widerständen.

Einspuliges Relais an Gleichspannung

Diese Schaltung hat zwei Nachteile: Erstens muss die Betriebsspannung deutlich höher sein als die Relais-Mindestspannung. Zweitens fällt, solange das Relais bestromt wird, die meiste Leistung am ungenutzten Widerstand ab. Die Verlustleistung interessiert uns zum Glück nur beim Betrieb mit Dauerstrom.

Diese Schaltungen sind besonders dann nützlich, wenn das Relais gemeinsam mit einem Doppelspulenantrieb geschaltet wird. Das gilt auch im Digitalbetrieb. Die Taster entsprechen hier den Leistungstransistoren im Decoder. Auch die Dioden sind bereits in diesem integriert. Nahezu alle Weichendecoder können verwendet werden. Eine Ausnahme ist der Lenz LS150.

Noch ein Tipp: Wenn man ein einspuliges Relais und eine Weiche gemeinsam betätigt, kann man die Antriebsspulen statt der Widerstände R1 und R2 verwenden. Das funktioniert auch bei Weichen mit Endabschaltung. Doch Vorsicht: Wenn der Stromverbrauch des Relais zu hoch ist, schaltet die Weiche nicht richtig.

Schaltungen für Gleichspannung wechselnder Polarität


Manchmal ist der Polwender schon vorhanden, beispielsweise wenn man einen Weichenmotor verwendet. Das einspulige Relais kann zu diesem parallel geschaltet werden.

Einspuliges Relais an Polwender

Wenn nur ein zweispuliges Relais zur Hand ist, kann es mit zwei Dioden so modifiziert werden, dass es auf die Polarität der Spannung reagiert.

Zweispuliges Relais an Polwender

Mit zwei Dioden kann man also ein zweispuliges Relais jederzeit anstelle eines einspuligen einsetzen. Praktischerweise sind in dieser Anordnung die Freilaufpfade schon eingebaut.

Schaltungen für Wechselspannung


Die bekannten Schaltungen lassen sich für Wechselspannung übernehmen, wenn in die Zuleitung des Relais eine Diode (D3) eingefügt wird. Manchen zweispuligen Relais ist auch die Polarität der Spannung egal, so dass man auch auf die Diode verzichten kann. Dann muss man aber auch die Freilaufdioden D1 und D2 weglassen.

Gleichrichtung der Eingangsspannung mittels D3

Aber wir wollen ja mit möglichst wenig Elementen auskommen. Beim einspuligen Relais reichen zwei Sperrdioden.

Einspuliges Relais an Wechselspannung

Leider lassen sich auch in dieser Variante keine Freilaufdioden verwenden. Ein kleiner Kondensator schafft Abhilfe, aber nur, wenn das Relais mit Vorwiderstand betrieben wird. Andernfalls gäbe es beim Einschalten des Relais einen Stromstoß durch den Kondensator, der den Taster beschädigen würde.


Schon 100 nF vermindern die Überspannung am Taster. So lässt sich die Lichtbogenbildung wirksam begrenzen.

Relais an Gegentakt-Ausgangsstufe


In der Regel besitzen Mikrocontroller und Operationsverstärker Gegentakt-Ausgangsstufen. Diese können sowohl positiven als auch negativen Ausgangsstrom liefern. Man könnte ein Relais über zwei Ausgänge ansteuern, aber es geht auch mit einem Ausgang und einem Kondensator. Der Lade- beziehungsweise Entladestrom des Kondensators betätigt das Relais. Als Kapazität hat sich bei mir 100µF bewährt.

Einspuliges Relais an Gegentakt-Ausgangsstufe

Gelegentlich (z. B. beim Komparator LM393) trifft man auch die einfachere Open-Collector-Schaltung, die Strom nur in einer Richtung leiten kann. Dann ist diese Schaltung nicht anwendbar.

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